„Es kommt richtig Bewegung in die Diskussion um ein staatliches Tierwohllabel“, freut sich Susanne Mittag, Sprecherin für Tierschutz in der SPD-Bundestagsfraktion.
Das ist das Fazit der Bundestagsabgeordneten nach dem Besuch der Versuchsstation in Wehnen (Kreis Ammerland). Diese empfiehlt sich immer öfter der Politik als Tierwohlkompetenzzentrum: Vertreter der Leitung der Landwirtschaftskammer (LWK) Niedersachsen haben am Dienstag (14. August) den Politikern den Versuchsstandort präsentiert. Ziel der Einrichtung: eine immer bessere Tierhaltung.
Kammer-Vizepräsident Hermann Hermeling erläuterte das interdisziplinäre und vernetzte Arbeiten in der Versuchsstation vor den Toren Oldenburgs. „Wir verbinden hier die Fragestellungen zur modernen Tierhaltung mit denen zum Umwelt- und Ressourcenschutz“, sagte Hermeling und wies auf die Versuchsfelder in unmittelbarer Nähe hin. Außerdem würden wichtige Erkenntnisse gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft erarbeitet.
Das Ziel des gemeinsamen Engagements sei es, „praxisnahe und vernünftige Empfehlungen“ für die tägliche Arbeit von Landwirten und Tierärzten zu erarbeiten, sagte Kammerdirektor Hans-Joachim Harms. Damit werde den Erwartungen auf den Höfen und in der Gesellschaft gleichermaßen Rechnung getragen. „Unser großes Plus ist dabei, dass sich alle Seiten auf ein neutrales und unabhängiges Arbeiten verlassen können“, so der Kammerdirektor zu den Gästen aus der Bundeshauptstadt.
Als ein konkretes Beispiel der Arbeit in der Versuchsstation erläuterte Dr. Heiko Janssen das Projekt „InnoPig <https://www.lwk-niedersachsen.de/index.cfm/portal/1/nav/1804/article/29965.html> „. Darin werden unterschiedliche Haltungsverfahren von Sauen mit Ferkeln untersucht. Verglichen werden zwei alternative Haltungssysteme, Freilaufbucht und Gruppenhaltung, mit der heute weit verbreiteten Einzelhaltung der Sauen mit Ferkelschutzkorb. „Die geringsten Verluste gab es mit dem Ferkelschutzkorb, bei den beiden Alternativen kamen mehr Ferkel zu Tode“, fasste Janssen die vorläufigen Ergebnisse zusammen. Nun werde weiter untersucht, wie die alternativen Haltungsverfahren zu optimieren seien, um die Ferkelverluste weiter zu verringern.
Eine Umfrage der Kammer, die Carla Brüning, in Wehnen zuständig für die Koordination der Versuche in der Schweinehaltung, den Politikern präsentierte, dokumentiert, dass es für zahlreiche Ferkelerzeuger in Zukunft sehr schwierig wird, am Markt zu bestehen, wenn die diskutierten Modifikationen in der Haltung vollständig umgesetzt werden sollten. Die Landwirte signalisieren bezüglich der tierschutzfachlichen Anpassungen eine hohe Umsetzungsbereitschaft. Die finanziellen Belastungen müssten jedoch wirtschaftlich darzustellen sein, heißt es in der Umfrage. Aktuell wird die Umsetzung zudem aufgrund von bau- und immissionsschutzrechtlichen Vorschriften erschwert.
Seine Gedanken zu einem „Fachzentrum Nachhaltige Nutztierhaltung“ skizzierte Dr. Ludwig Diekmann, bei der LWK Leiter des Fachbereichs Tierzucht, Tierhaltung, Versuchswesen Tier und Tiergesundheitsdienste. In Wehnen könnten die Erfahrungen aus Modell- und Demonstrationsvorhaben, neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Erfahrungen aus der täglichen Praxisarbeit zusammengeführt werden, betonte Diekmann. „In dem Zentrum wird alles gebündelt, bewertet und in die breite landwirtschaftliche Praxis in Niedersachsen getragen.“ Über eine Vernetzung mit der Nutztierhaltungsstrategie des Bundes <https://www.bmel.de/DE/Tier/_texte/Nutztierhaltungsstrategie.html> finde der Wissenstransfer „regional und bundesweit“ statt. Diekmann kündigte weitere Projekte des Fachzentrums zum Kupieren von Schwanzspitzen bei Schweinen, zur Emissionsminderung in der Nutztierhaltung sowie zur Geflügelhaltung an.
„Die Koalitionsvereinbarung der niedersächsischen Landesregierung unterstützt die Nutztierhaltungsstrategie des Bundes ausdrücklich“, sagte Diekmann weiter. Darin werde auch die Einrichtung von „Tierwohlkompetenzzentren“ gefordert, die „vor Ort Informationen und Fachkompetenz in Fragen tierwohlgerechter Nutztierhaltung, Umwelt und Genehmigungen“ bereitstellen sollen. Die Versuchsstation Wehnen empfehle sich mit ihrer umfassenden Arbeit als ein solches Kompetenzzentrum.